Der Unterschied: Menschen stinken nicht. Zumindest nicht genug. Denn es verdient Mitgefühl, wenn die Klimaschützer der „letzten Generation“ auf der Straße sitzen. Autofahren, der Fortschrittsfetisch vergangener Jahrzehnte, wird unter den aktuellen Bedingungen immer mehr zur Unsitte. Dieser Protest ist jedoch nicht zu rechtfertigen. Das Landgericht Tiergarten hat nun einen jungen Mann aus der „letzten Generation“ zu 60 Stunden Freiarbeit verurteilt. Der relevante Straftatbestand ist § 240 StGB Nötigung. Es ist verboten, Menschen mit Gewalt zu etwas zu zwingen, was sie nicht tun wollen. In diesem Fall: Sie müssen im Verkehr anhalten.
Psychischer Zwang sei keine Gewalt, sagte das Bundesverfassungsgericht
Trotz Protestblockaden wurde diese Veranstaltung in der Bundesrepublik Deutschland lange bekämpft. Kann Sitzen eine kriminelle Sünde sein? Nein, sagte das Bundesverfassungsgericht, denn das bloße Blockieren der Plätze sei psychische Nötigung, aber keine Gewalt. Ja, so der Bundesgerichtshof, denn ohnehin führt der Sitzplatzprotest im Straßenverkehr dazu, dass Menschen anhalten, und die angehaltenen Autos werden ihnen durch die Sitzblockade zu einer physischen Blockade, die ihnen zur Verfügung steht. Also Gewalt. Der Verfassungsgerichtshof hat diese sogenannte Berufungsrechtsprechung ausdrücklich akzeptiert. Zu Recht, denn das, was geschieht, sieht nach Zwang aus, hat Zwangwirkungen und soll Zwang sein. Nur erfolgreicher Zwang – Staus plus Polizeieinsätze und Medienberichte – erzeugt das, was die „letzte Generation“ will: Aufmerksamkeit.
Die Grenzen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit sind fließend wie Sekundenkleber
Es gelten jedoch Grundrechte. Allen voran Artikel 8 des Grundgesetzes, Versammlungsfreiheit. Sie sind auch geschützt, wenn eine Beschwerde nicht registriert oder rechtswidrig ist, wie es hier der Fall ist. Das Grundrecht verlangt das Verhältnis zwischen dem Inhalt des Protests und seiner äußeren Form. Eine stark befahrene Autobahn ist nicht der falsche Ort, um auf den anthropogenen Klimawandel aufmerksam zu machen. Gerichte müssen abwägen, wann aus einem legalen Sitzstreik ein krimineller Boykott wird. Die Ränder sind flüssig wie Sekundenkleber, wenn er aus der Tube kommt. Aber dann wird es immer schwieriger. Und das ist das Problem mit der Selbstfixierung, sie korrigiert auch die kriminelle Einschätzung. Freisprüche dürften daher eher selten sein. Sträflinge müssen es mutig akzeptieren. Wenn Sie stecken bleiben, bleiben Sie stecken – auch ein starkes Symbol.