Als besonders fröhlich müssen die Olympischen Spiele 1972 in München in die Geschichte eingehen. Aber sie endeten in einem Blutbad. Bundespräsident Steinmeier sprach bei der Trauerfeier von einem „dreifachen Versagen“ der Verantwortlichen.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bat die Angehörigen der Opfer des Anschlags auf die Olympischen Spiele 1972 in München um Verzeihung und für die fehlenden Informationen danach. dass das, was passiert ist, passieren könnte”, sagte Steinmeier heute Nachmittag bei einer Gedenkveranstaltung in Fürstenfeldbruck zum 50. Jahrestag des Attentats.
Am 5. September 1972 nahmen palästinensische Terroristen israelische Besatzungsmitglieder als Geiseln. Die Befreiungsaktion auf dem Fliegerhorst Fürstenfeldbruck schlug fehl. Am Ende wurden elf Israelis, ein bayerischer Polizist und fünf Terroristen getötet. Jahrzehntelang haben israelische Trauernde erfolglos für Wiedergutmachungen, Entschuldigungen und historische Rückschau gekämpft. Erst vergangene Woche wurde ein Vergleich inklusive Schadensersatz in Höhe von 28 Millionen Euro erzielt. Der Bund übernimmt 22,5 Millionen Euro, der Freistaat Bayern 5 Millionen Euro und die Stadt München 500.000 Euro.
„schweigen, unterdrücken, vergessen“
Zur traurigen und schmerzlichen Wahrheit dieser Feier gehört auch, sagte Steinmeier: „Wir wollten gute Gastgeber sein. Sie waren nicht sicher und sie wurden nicht geschützt. „Sie wurden in unserem Land von Terroristen gefoltert und getötet“, so Steinmeier weiter.
Der Bundespräsident sprach von „einer großen Tragödie und einem dreifachen Versagen“. Der erste Fehler betrifft die Spielvorbereitung und das Sicherheitskonzept. Das zweite Scheitern betraf die Ereignisse vom 5. und 6. September 1972. Das dritte Scheitern, sagte Steinmeier, begann am Tag nach dem Attentat. Es war die Stille, „die Verdrängung, das Vergessen“.
“Licht ins dunkle Kapitel bringen”
Steinmeier dankte den Angehörigen und dem israelischen Präsidenten Izchak Herzog für ihre Anwesenheit bei der Gedenkveranstaltung. „Ohne Sie alle, ohne die Angehörigen und ohne die Anwesenheit des Staates Israel könnte ich mir kein anständiges Gedenken vorstellen“, sagte er. Rückblickend sagte er: „Was für ein riesiger Vertrauensbeweis, an den Olympischen Spielen im Land der Täter teilzunehmen, nachdem die Shoah ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit war. Unter den Athleten und ihren Trainern gab es auch Überlebende der Shoah.” Deutschland, unvorbereitet auf einen solchen Ansturm, erwiderte dieses Vertrauen nicht.
Versuche, Deutschland 1972 als “friedliche, freundliche Demokratie” zu etablieren, scheiterten kläglich in München. Für die Mörder sei das Olympische Dorf “eine internationale Bühne für jüdischen Hass und jüdische Gewalt” geworden. Auch nach dem Attentat seien Fehler gemacht worden, betonte der Bundespräsident. Viele Fragen sind bis heute ungeklärt, etwa warum die überlebenden Täter so schnell abgeschoben wurden und welche Verbindungen sie zu deutschen Extremisten hatten. Es ist gut, dass die Bundesregierung jetzt die Einrichtung einer israelisch-deutschen Historikerkommission vorschlägt, um mehr Licht in dieses dunkle Kapitel zu bringen.
Zuvor hatte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder bei der Gedenkveranstaltung gesprochen. „Ich entschuldige mich im Namen des Freistaates Bayern ausdrücklich für die damaligen Fehler und Versäumnisse“, sagte Söder. Die bayerische Polizei war damals nicht auf die Entführung und Freilassung vorbereitet. Gleichzeitig versprach Söder, jüdisches Leben in Bayern zu schützen. “Wir stehen zum Staat Israel.”
Überlebende Spitzer: „Ich habe nie wirklich Frieden gefunden“
Bundespräsident Israel Herzog begrüßte in seiner Rede die Entschädigung der Hinterbliebenen. „Das ist ein wichtiger, gerechter, moralischer Schritt“, sagte er. Er dankte Steinmeier ausdrücklich für seinen “großen Einsatz”. Zum Leidwesen der Familien rührten die Schmerzen aus Gleichgültigkeit und dem Gefühl, im Stich gelassen zu werden, erinnerte sich Herzog. Er dankte in diesem Zusammenhang auch Steinmeier für seine „mutige, historische Rede“.
Die inoffizielle Vertreterin der israelischen Hinterbliebenen, Ankie Spitzer, verlas einen sehr persönlichen Brief an ihren ermordeten Ehemann Andrej Spitzer. Er hat nie wirklich Frieden gefunden, auch wenn er sich ein neues Leben aufgebaut hat. „Unser Weg war lang und einsam“, sagte der 76-Jährige und verwies auf den jahrzehntelangen Kampf der Hinterbliebenen um Anerkennung ihres Schmerzes. Dieses Loch in meinem Herzen wird niemals heilen.
Der Oberbürgermeister von München entschuldigt sich
Beim ersten Teil der morgendlichen Gedenkfeier im Münchner Olympiapark hatte sich Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter zuvor bei den Angehörigen der Opfer entschuldigt. Reiter sagte, es sei ihm “peinlich”, zu sagen, dass die Verantwortlichen schwerwiegende Fehler gemacht hätten.
In seiner Rede erinnerte er daran, wie sich München 1972 als neuer Austragungsort präsentieren wollte. Ziel sei es, nach den vorangegangenen Spielen unter dem NS-Regime der Welt eine andere, friedliche Olympiade in Deutschland zu präsentieren. “Aber dieser Traum wurde zerstört.”
Gedenken an Opfer und Schuldbekenntnis
Gabriele Dunkel, BR, Daily News um 16:00 Uhr, 5. September 2022