Innsbruck (OTS) – Die britische Außenministerin Liz Truss gewann die Tories im Wettbewerb um die Nachfolge von Premierminister Johnson. Aber Opportunismus und Populismus allein werden ein geplagtes Großbritannien nicht heilen. Wie erwartet hat Thatchers selbsternannte Erbin Liz Truss das Rennen unter den regierenden britischen Konservativen um die Nachfolge des gestürzten Tory-Parteiführers und Premierministers Boris Johnson gewonnen. Sie wird als neue Regierungschefin in die Downing Street 10 einziehen und Boris Johnson ersetzen, der als politischer Clown gebrandmarkt wurde und mit dem sie immer eng befreundet war. Ihr Erfolgsrezept: viel Opportunismus, gepaart mit populistischen Parolen, die bei der Basis der konservativen Partei für viel Beifall sorgten. Neben den klassischen Tory-Forderungen nach einem Sparstaat und radikalen Steuersenkungen hat Truss auch gerne gegen die EU gewettert: Im Streit um den Status Nordirlands setzt Truss auf Eskalation. Zwischen London und Brüssel naht eine neue Eiszeit. Truss versprach auch eine harte Linie in der Einwanderungspolitik, die an der Basis der Partei Anklang fand, einschließlich der umstrittenen Abschiebung von Flüchtlingen nach Ruanda, die vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zunächst gestoppt wurde. Truss, die sich als Thatcher-Klon präsentiert und sogar das Outfit der „Eisernen Lady“ kopiert, hat im Wettbewerb mit ihren innerparteilichen Rivalen Unterstützung vom rechten Tory-Flügel gesucht – und einen Keil zwischen die Basis der Partei und die Fraktionsbewegung getrieben Minister Rishi Sunak erhielt deutlich mehr Zustimmung. Übrigens haben insgesamt knapp über 81.000 Mitglieder der Konservativen Partei für Truss gestimmt, was etwa 0,17 Prozent der wahlberechtigten Bevölkerung Großbritanniens entspricht. Und: Die Tory-Basis ist bei weitem nicht repräsentativ für die gesamte britische Wählerschaft.In den märchenhaften Stunden des Wahlkampfs versprach Truss scharfe Steuersenkungen und gleichzeitig eine deutliche Erhöhung der Staatsausgaben. Wie das eigentlich funktionieren soll, bleibt ihr ebenfalls ein Rätsel. Doch für leere Versprechungen bleibt keine Zeit, die Herausforderungen für die neue Herrin von 10 Downing Street sind enorm. Großbritannien ist in eine schwere Wirtschaftskrise gerutscht: Die Energiepreise schießen in die Höhe, die Inflation schießt in die Höhe, das Gesundheitssystem liegt in Trümmern. Viele Menschen werden von Existenzängsten gequält, sie haben Angst vor sozialen Unruhen. Da helfen die leeren Versprechungen an die Wähler im Brexit-Wahlkampf nicht weiter. Statt Aufbruchsstimmung bleibt nach dem EU-Austritt oft ein Kater: Die Renaissance des „Global Britain“, das befreit von den Fesseln Europas zu neuen Höhen aufsteigen sollte, entpuppte sich als Fehlstart. Als Regierungschef muss sich Truss nun dem Realitätstest stellen. Für Märchen ist kein Platz mehr.

Fragen & Kontakt:

Tiroler Tageszeitung 0512 5354 5101 [email protected]